Beteiligung des Zoos Brno am Rettungsprogramm für den Europäischen Ziesel in Tschechien
Das Europäische Ziesel stellt ein Beispiel für eine ursprünglich weit verbreitete, ja sogar als „Schädling“ bezeichnete Tierart, die jetzt durch menschliches Handeln am Rande des Aussterbens steht, dar. Ungefähr seit Anfang der 60er Jahre sinkt ihre Zahl allmählich und in der Mitte der 90er Jahre wurden Europäische Ziesel nur mehr an 37 Standorten gefunden. Durch die Verordnung Nr. 395/1992 Slg. wurde es deshalb als „kritisch gefährdet“ eingestuft und in die Liste besonders geschützter Tierarten aufgenommen. In der Roten Liste gefährdeter Wirbeltiere Tschechiens ist das Europäische Ziesel ebenfalls als kritisch gefährdete Tierart eingestuft. Im Jahr 2007 wurden insgesamt 34 mehr oder weniger isolierte Standorte, die auf dem gesamten Gebiet Tschechiens – mit Ausnahme von Ostböhmen und Nordmähren – unregelmäßig zerstreut sind, vom Ziesel besiedelt. Gerade Isolation und zumeist geringe Individuenzahl in den Kolonien sind zurzeit die wichtigsten Ursachen für die Bedrohung des Europäischen Ziesels in Tschechien. Unter diesen Umständen können die Kolonien leicht verloren gehen, weil durch negative Faktoren gleich welcher Art verursachte Verluste nicht durch Migration aus anderen Standorten kompensiert werden können. Um die Ziele des Rettungsprogramms zu erreichen, müssen neue Kolonien des Ziesels gegründet werden. Zurzeit gibt es in Tschechien keine Zieselpopulation, deren Größe es erlauben könnte, (bis zu Hunderte) Individuen für direkte Wiederansiedung zur Verfügung zu stellen. Aus diesem Grunde ist es sehr wünschenswert, Verfahren zum Vermehren dieser Tierart in vom Mensch kontrollierten, halbnatürlichen Züchtungen erfolgreich einzuführen; aus diesen Züchtungen könnten dann ggf. Tiere für Wiederansiedlungen stammen.
Der Zoo Brno befasst sich mit dem Schutz des Europäischen Ziesels in verschiedenen Formen bereits seit 2005, als er die Zusammenarbeit mit der Tschechischen Agentur für Natur- und Landschaftsschutz (AOPK) aufgenommen hat. Diese gab den Anlass zur Erarbeitung des Programms zur Rettung des Europäischen Ziesels in Tschechien, welches dann im Jahr 2008 vom tschechischen Umweltministerium genehmigt wurde. Ab 2015 wird die nächste Programmetappe umgesetzt. Das Hauptziel ist es, das Ziesel als eine in Tschechien in freier Wildbahn lebende Tierart zu erhalten. Dafür ist es notwendig, möglichst viele der bestehenden Standorte aufrecht zu erhalten und insgesamt 5 Metapopulationssysteme in Tschechien aufzubauen. Die Metapopulationen sollen einerseits durch Förderung der natürlichen Verbreitung des Ziesels und andererseits durch Gründung neuer Kolonien entstehen; diese sollen mit Individuen besiedelt werden, die unter halbnatürlichen Bedingungen in der Nähe der bestehenden Kolonien gezüchtet werden. Zoologische Gärten haben ein großes Potenzial gerade für die Entwicklung von Methoden und für die eigentliche Tierhaltung in naturnahen Bedingungen, die in der Praxis noch wenig erprobt sind. Ein solcher Versuch wird jetzt im Zoo der Hauptstadt Prag unternommen. In der zweiten Projektphase, die im Jahr 2015 gestartet wurde, kamen zwei weitere Organisationen hinzu, und zwar der Zoo Brno und die Tierrettungsstation in Vlašim. Das Langzeitziel ist es, außerhalb der Besucherwege im Zoo eine neue Zuchtanlage für Ziesel aufzubauen und zur Haltung dieser Tierart unter halbnatürlichen Bedingungen zu nutzen. Die Ziesel führen dort in einer 12 x 20 Meter großen Voliere eine natürliche Lebensweise. Sie müssen allerdings in der Anlage zugefüttert werden, da sie nur beschränkte Möglichkeiten haben, sich die Nahrung auf natürliche Art und Weise zu beschaffen. Bestandteil des Projekts ist kontinuierliche Überwachung und Bewertung der aktuellen Ergebnisse und Entwicklung geeigneter Zuchtmethoden. Das Projekt wird im Rahmen des sog. Kleinen Förderschemas „Rettungsprogramme für besonders geschützte Arten II“ aus den Mitteln der EWR-Fonds und des tschechischen Umweltministeriums gefördert.